Der Reflexeinsteiger Mac Para Charger hat uns beim Test in Ausgabe PARAMOTOR 4_15 begeistert. Grund genug, den „großen“ 31er auch mit einem schweren Einsitzertrike genauer unter die Lupe zu nehmen ...
Testpilot: Norbert Aprissnig
Die Wahl des geeigneten Gleitschirms wird bei zunehmender Einhänge- last im Falle eines schweren Trikes schwieriger. Wahrend man sich mit leichten „Rollhilfen“ oft noch im Gewichtsbereich eines schweren Rückenmotors befindet, schießt man mit schwereren Trikes schnell mal weit über diese Klasse hinaus.
In meinem speziellen Fall verwendete ich für diesen Test ein Fresh Breeze X-One Trike, das schon ohne Treibstoff und Rettungsgerät - je nach Motorisierung - deutlich über 70 kg auf die Waage bringt. Ein Komplettabfluggewicht von 180 kg und darüber ist also als durchaus realistisch anzusehen.
Zudem läßt die DGAC-Zulassung vermutlich einige Unschärfen beim Belastungstest zu. Grund genug jedenfalls, kein Risiko in Bezug auf die Dimensionierung von Leinen und Tuch einzugehen.
Details über Konstruktion, Aufbau und sämtliche technische Daten kann man in PARAMOTOR 4_15 nachlesen, der große Charger unterscheidet sich hier natürlich nicht von der damals getesteten 25er-Größe.
Zurück zur Problematik der hohen Gewichtsbelastung weist die DGAC-Zulassung „fette“ 140- 190 kg als Gewichtsbereich für den 31er aus. Zudem ist Designer Peter Recek als Sicherheitsfanatiker in Sachen Leinendimensionierung bekannt, man kann also davon ausgehen, dass man in der „Bullix“-Klasse mit dem Charger 31 auf der sicheren Seite in Sachen Festigkeit ist.
Ein weiteres Problem, das sich zumeist in der Verwendung von „Rückenmotor-Gleitschir- men“ mit dem Trike ergibt, ist die Aufhängehöhe und die Konstruktion des Tragegurts mit den diversen für den Motorflug spezifischen Funktionen und deren Adaptierung auf den Trikebetrieb.
Die Problematik der Aufhängehöhe mit dem Trike verschärft sich zunehmend, da im Rückenmotorbereich die extrem hohen Aufhängungen immer mehr verschwinden und die Gleitschirmdesigner sich immer mehr an den mittelhohen und niedrigen Rückenmotorauf- hängungen orientieren. Beim schweren Trike kann man aufgrund von Überrollkäfigen oder ähnlichen Konzepten hingegen von einer sehr hohen Aufhängung ausgehen.
Beim Charger trägt man dieser Problematik durch eine zweite, tiefere Umlenkrolle und der entsprechenden Verlängerung der Bremsleine zum Teil Rechnung. Die Einschränkung ergibt sich daraus, dass die Bremsschlaufe beim völligen Offnen des Trimmers trotzdem in unerreichbare Höhen verschwindet, wenn man sie freigibt. Da hilft auch die extra von Mac Para verbaute Bremsschlaufenverlängerung nur bedingt, denn ja nach Luftstrom und Zufall wird die Bremsschlaufe nach oben „Verblasen“ und ist damit erst wieder erreichbar, wenn man den Trimmer schließt. PARAMOTOR wird sich dieser Problematik annehmen, denn mit ein wenig Basteleinsatz lässt sich dieses Problem natürlich lösen.
Die wirkungsvolle Stabilobremse ist übrigens relativ weit unten am B/C-Tragegurt befestigt, sie bleibt daher immer in Reichweite des Piloten. Die kombinierte Magnet-/Druck- knopfbefestigung lässt zudem keine Wünsche offen.
Die Starthilfe des X-One kann leicht an den Charger-Tragegurt angepasst werden. Im Gegensatz zu den speziellen, für den Trike- einsatz konzipierten und getesteten Modellen Independence T-Fighter und Fresh Breeze Relax fehlt zwar eine eigene Einhängeöse für die Starthilfe, im Schäkel des A-Tragegurtes funktioniert's mit der richtigen Einstellung genauso gut.
Die beste Trimmereinstellung für die meisten Startbedingungen ist die Neutrale, durch eine weiße Naht markiert. Der Charger 31 steigt leichtgängig und überaus spurtreu über das Gespann, beim darauf folgenden Beschleunigen bleibt die Kappe stabil und zeigt keinerlei,Ausbruchtendenz“ bis zum Abheben.
Spurtreue und Stabilität sind die überragenden Eigenschaften des Charger 31, die sofort in der Luft auffallen. Selbst bei größeren Turbulenzen beim XC-Flug bleibt die Kappe auffallend stabil. Je nach Paramotorerfahrung des Piloten funktionieren in „schwerem Wetter“ zwei gänzlich verschiedene Gegenmaßnahmen zur Turbulenzbewältigung: Freiflugaffine Piloten können den Trimmer schließen und im Frei- flugstil den Charger quasi aktiv fliegen und die Bremsen auf Druck halten. Paramotorpiloten mit Reflexerfahrung können durchaus in der gleichen Situation den Trimmer auf zumindest 70-80 % öffnen und damit den Reflexanteil des Charger 31 erhöhen, wodurch die Kappe schneller und stabiler wird.
Die hohe Stabilität des Charger 31 wird noch dadurch unterstrichen, dass der Flügel kaum Kursabweichungen wegen des Motordrehmoments durchführt. Die notwendigen Korrekturen über die Trimmer sind marginal, mehr handelt es sich um ein Feintuning, das man bei längeren XC-Strecken je nach Gasstellung durchführen sollte. Trikes mit anderem Gewicht und Balance sowie Motorisierung können sich da natürlich anders verhalten, die Tendenz zu wenig „Drehmomentanfälligkeit“ im Vergleich zu anderen Gleitschirmen sollte aber reproduzierbar sein.
Keinesfalls sollte man die angesprochene Stabilität mit Trägheit im Kurvenflug gleichsetzen. Der Charger 31 reagiert, wie mit einem schweren Trike üblich, ganz leicht verzögert auf Bremsinput, setzt sie dann aber willig und sauber in den entsprechenden Kurvenradius bzw. Schräglage um. Die relativ große Fläche von über 31 m2 ausgelegt bzw. knapp 28 m2 projiziert empfindet man subjektiv selbst bei windigen Bedingungen nie als unangenehm groß, sondern eher kompakt.
Mit zunehmender Trimmeröffnung wird der Steuerdruck - wie von Reflexschirmen gewöhnt - höher, Zeit die Stabilobremse zu verwenden. Diese kann entweder mit der normalen Bremsschlaufe mitgeführt oder alleine verwendet werden, die Wirkung im Schnellflug ist gut, Kurven können kraftschonend durchgeführt werden, ohne dass es notwenig ist, den Trimmer zu schließen.
Der „große“ Charger 31 von Mac Para macht über dem schweren X-One eine sehr gute Figur. Hohe Stabilität und gutes Handling machen ihn vor allem zum perfekten XC-Schirm für lange, weite und vor allem stressfreie Flüge. Darüberhinaus ist der Reflexeinsteiger gutmütig in der Handhabung, sodass er sich besonders auch als Einstieg in die Welt der Reflexschirme im Trikebetrieb eignet.
Ich habe die Flüge mit dem X-One Trike von Fresh Breeze und dem Charger 31 genossen. Aufgrund des einfachen Handlings mit dem Reflexeinsteiger kam nie Stress auf ohne auf die Vorzüge eines modernen Reflexschirmes verzichten zu müssen.
Thermik.at / PARAMOTOR (2/2016)