Allgemeines:

Der Illusion soll laut Herstellerphilosophie die Lücke zwischen dem Anfänger/ Schulschirm Muse und dem High-Performance-Segel Eden 6 ausfüllen. Zum Testzeitpunkt lag das LTF bzw. EN Zertifikat noch nicht vor. Das Segel soll Anfang 2017 auf den Markt kommen. Angestrebt ist eine B-Zertifizierung im unteren bzw. mittleren Bereich. Dieses dürfte angesichts der bereits veröffentlichten technischen Daten realistisch sein, denn die angegebene Streckung des Segels und die angegebenen Geschwindigkeitsdaten weisen bereits darauf hin.
Laut Mac Para legte man Wert auf eine robuste und langlebige Materialkonstruktion. Der Schirm ist aus dem derzeit besten und haltbarsten Tuch von Porcher Sport gebaut. Die Leinen des Schirms sind ebenfalls stärker dimensioniert, was hinsichtlich der vielen berichteten Leinenschäden in jüngster Zeit ein richtiger Schritt ist. Trotzdem tragen die Leinen nicht auf und fallen gut und übersichtlich. Die farbliche Wahl ist hinsichtlich der gewählten Farben gelb, rot und orange etwas unglücklich, da mit Sonnenbrille zwischen Rot und Orange kaum ein visueller Unterschied erkennbar ist. Eine Mittenmarkierung am Achterliek des Schirmes fehlt und wäre angesichts der avisierten Pilotengruppe praktikabel.
Interessant ist die eigenkonstruierte Eintrittskante, worauf laut MP großes Augenmerk gelegt wurde. Hier findet man eine ausgeklügelte Konstruktion aus Mylar und knickunempfindlichen Stäbchen. Die Konstruktion weicht zwar von den bekannten Sharknoses mit gekreuzten Stäbchen ab, sieht aber durchdacht und nicht weniger praktikabel aus (der Test zeigte es dann auch) - die Ausformung der Nase gleicht einer progressiven Sharknose. (zurückversetzte Eintrittsöffnungen)
Der Schirm lässt sich im Vergleich zu vielen anderen Schirmtypen sehr gut zusammenpacken. Zudem ist er recht klein komprimierbar. Das Gewicht von ca. 5 kg ist nicht sonderlich leicht, aber hinsichtlich der langlebigen Materialien hinnehmbar.
Der mitgelieferte Schlauchsack ist sehr gut gelungen, durchdacht und sehr praktikabel.
Der Tragegurt ist sehr aufgeräumt und besteht aus 12 mm Gurtband - die Umlenkrollen sind leichtgängige Ronstanrollen. An der Bremsleine ist ein Wirbel und eine Rolle verbaut, gegen ein Verdrehen und aufzwirbeln der Bremsleinen. Zwischen B - und C- Gurt befindet sich eine Brücke, welche zum Stabilisieren im beschleunigten Zustand sehr wirksam eingesetzt werden kann.

Startverhalten (angenehm einfach):

Der Illusion lässt sich aus allen Lagen einfach starten. Das Profil füllt sich gut und gleichmäßig über die gesamte Spannweite. Sodann lässt es sich bereits in der Aufziehphase leicht korrigieren und ist nur wenig seitenwindanfällig. Bei gerader Auslegung konnte kein Vorwandern der Ohren beobachtet werden, was bei der geringen Streckung auch nicht zu erwarten ist.
Das Segel steigt verlässlich und ohne Verzögerungs-/ oder Beschleunigungstendenz in den Zenit. Dabei benötigt es nur wenig Zug. Vorschießtendenzen konnte ich auch bei starkem Wind nicht feststellen, was sehr angenehm und stressfrei ist (sehr pitchneutral). Stets blieb das Segel für eine ausreichend lange Zeit im Zenit stehen und beschleunigte erst bei Freigabe der Bremsen.
All das macht den Illusion zu einem vorbildlichen Starter, der auch grobmotorische Pilotenvorgaben weitgehend verzeiht und dem Einsteiger und Groundler schnelle Fortschritte im Umgang mit dem Segel verspricht.

Allgemeines zum Flug (angenehm einfach)

Der Schirm macht das, was er können soll und das überzeugend gut.
Das Handling ist angenehm direkt, die Kalotte nimmt Steigen sehr gut an (im direkten Vergleich mit dem Mentor 4 und Eden 6 sogar ohne merklichen Unterschied ). Stets konnte ich im Vergleich mit höher klassifizierten Schirmen mithalten. Im Soaring und Thermikflug bemerkte ich kaum Klassenunterschiede.

Fluggefühl (sehr zuverlässig und ruhig):

Der Illusion vermittelte auf Anhieb ein sehr verlässliches und stabiles Fluggefühl. Er carvt angenehm stabil in die Aufwinde und stellt sich hierbei kaum auf. Steigen nimmt der Flügel sehr gut an. Das Segel ist sehr nickstabil.
Stärkere Turbulenzen zeigt die Kalotte gedämpft über die Tragegurte an. Auch die Bremsen geben bedingtes Feedback.
Bei härteren Einwirkungen, welche an anderen Segeln bereits Entlastungen verursachen würden, sind über den Tragegurt des Illusion deutliche, aber gedämpfte Ruckler vernehmbar - die weniger gestreckte und mittelhart wirkende Kappe bleibt jedoch auf Kurs und sehr klappresistent und ist sehr vertrauenserweckend. Ich hatte auch in harten, bockigen Bedingungen keinerlei Entlastungen - lediglich diese leichten, stoßähnlichen Wahrnehmungen im System. Ich empfand diese Eigenschaft als sehr angenehm.
Es weist darauf hin, dass Entlastungen nur bei wirklich sehr harten und groben Bedingungen auftreten können. Ansonsten schluckt die Kappe alles weg - gibt aber deutliche Rückmeldung an den Piloten.

Technische Daten und Messwerte im Flug (klassenspezifisch):

Die Trimmspeed wurde von mir mit 36 - 38 km/h gemittelt.
Halb beschleunigt ergab sich eine ca. 0,4 - 0,5 m/s Zunahme des Sinkens - bei 7-8 km/h Fahrtzunahme.
Die Maximumspeed wurde mit ca. 48 km/h (GPS) gemittelt (Rolle auf Rolle) Hierbei nehmen die Sinkwerte dann deutlicher zu.
Das Sinken im Trimmspeed betrug in ruhiger Luft zwischen 1,0 und 1,1 m/s.

Provozierte Einklapper (kaum einzuklappen - hohe Segelspannung):

Das Profil des Illusion ist erstaunlich stabil und es ist nur sehr schwer einzuklappen - aufgrund der Segelspannung und fehlendem Pitch (sehr neutral) ist der Illusion sehr frontstallresistent - Schafft man es trotzdem, so öffnet ein Frontstall impulsiv, jedoch ohne großes Abkippen oder anderer Folgereaktionen. Seitliche Einklapper (wenn sie denn vorkommen mögen) waren ebenfalls unspektakulär. Der Schirm dreht nur moderat ab, bzw. behält bei Piloten-Korrektur seine Richtung gut bei. Alle Manöver sind für den Piloten sehr überschaubar und wenig fordernd - Angelegte Ohren öffnen selbständig und weich - Zelle für Zelle. Aufgrund der geringen Streckung und dem vorhandenen großen Staudruck bis in die Ohren, sind Verhänger nach Entlastungen nahezu ausgeschlossen.

Ohren anlegen (einfach):

Der Zugwiderstand bei Einleitung benötigt zunächst eine erhöhte Krafteinleitung. Nach dem Einleiten vermindert sich der Kraftaufwand sehr und die Ohren können sehr gut gehalten werden, wobei die Ohren nicht entlüften. Das Segel legt sich dadurch nicht nach innen an. Ein Schlagen der Ohren war nicht festzustellen. Die Öffnung erfolgt progressiv und überschaubar, unmittelbar nach Freigabe, der separaten Tragegurte. Die Effizienz ist mittel - Der Schirm legt auf 2,5 - 2,6 m/s Sinken zu.

Dynamisches Hangsoaren (Spaßfaktor) :

Erstaunlich am Illusion ist die sehr präzise und direkte Lenkung. Das Segel dreht im Arbeitsbereich flach und bedarf nur wenig Kraftaufwand - ab ca. 40 cm Zugweg kann man es aber auch dynamisch abtauchen lassen - ab hier nimmt auch der leistbare Kraftaufwand zu.. Die Überfahrt wird dabei sehr gut in Höhe umgesetzt, was für eine sehr gute Aerodynamik des Segels spricht. Im Arbeitsbereich bis 30 cm weist der Illusion geringe Steuerkräfte auf, die danach markant ansteigen - das Segel ist im Arbeitsbereich wendig und direkt.
Gewichtsverlagerung hat weniger Auswirkung als bei höher gestreckten Schirmen - der Illusion lässt sich besser über die Bremsen manövrieren, benötigt aber aufgrund der direkten und exakten Umsetzung der Lenkvorgaben keine Kniffe und Tricks - dreht flach und überschaubar - und schiebt nicht.
Das Segel kann in der Exaktheit und im Steigverhalten mit höher klassifizierten Schirmen mithalten.

Thermik (einfach und sehr neutral - kein Aufbäumen - Schieben - Vorschießen):

Das Segel ist sehr präzise in den Aufwind zu setzen und benötigt aufgrund der Stabilität über Längs-/ und Querachse kaum Nachzentriermanöver - es dreht bei Lenkvorgaben bis 30 cm jederzeit flach, sollte aber an der Außenbremse nur wenig Zug erhalten, da sonst eine unerwünschte Trägheit erzielt wird.
Aufgrund der hohen Flugruhe weist das Segel einen hohen Genussfaktor auf. Die Kappe zeichnet eine hohe Neutralität auch bei etwas böigeren Bedingungen aus. Thermikein-/ und -ausflug gestalteten sich angenehm neutral. Die Kappe pflügt willig und spurtreu durch die Lüfte.

Spirale und schnelle Kurvenwechsel (klassentypisch - kaum dynamisch):

Trotz hoher Stabilität um die Querachse, lässt sich der Illusion sehr präzise und gleichmäßig aufschaukeln, so dass schnell auch höhere Beschleunigungskräfte erreicht werden können. Das Segel stabilisiert sich selbständig und schnell wieder und geht in den sehr stabilen Richtungsflug über.
Die Einleitung einer Steilspirale gestaltete sich weniger einfach, aber dafür markant zielgruppenorientiert. Allein über die Bremse, welche ab ca. 40 cm Zugweg deutlich an Kraftaufwand fordert, waren nur schwer starke Kurvenbeschleunigungen und erhöhte Sinkwerte erzielbar. Auch die Hinzunahme der Gewichtsverlagerung änderte an dieser Charakteristik nicht viel, da der Schirm hierauf wenig empfindlich reagiert.
Das vorherige Aufschaukeln des Schirms ist bei einem beabsichtigten Spiralflug mit dem Illusion unabdingbar, um wirklich hohe Sinkwerte, ohne übermäßigen Kraftaufwand einsetzen zu wollen.
Das Verhalten in der Spirale ist anfängertauglich, denn ein unbeabsichtigtes schnelles und überforderndes Abtauchen in eine Extremspirale ist so gut wie ausgeschlossen, erfordert es doch vom Piloten einen deutlich hohen und somit bewussten Kraftaufwand und einen erweiterten Zugweg von deutlich mehr als 40 cm.
Erreicht man bewusst diesen Zustand, erfordert es Feingefühl, um den Illusion in diesem Zustand zu halten, denn der Schirm ist versucht, diesen Zustand selbständig durch Verlangsamung und Aufrichttendenz zu beenden. Die Kräfte sind gleichbleibend hoch.
Der Illusion ist unbeabsichtigt kaum in eine Steilspirale zu bringen, sondern muss aktiv und mit Kraftaufwand oder technischer Finesse in dieses Manöver geführt werden. Das unterstreicht die Zielvorgabe, eines gutmütigen und sehr praxistauglichen Schirmes nach der Ausbildung. Im Flug ist
das Segel leichtgängig und sehr stabil um alle Achsen und überzeugt durch gutes Handling und gute Steigeigenschaften, sowie präzisen, direkten und flachen Kurvenflug.

Landung (einfach):

Die Landung gestaltet sich klassentypisch. Den Stallpunkt erreichte ich bei gestreckten Armen, bzw. mit halber Wicklung. Das Segel lässt sich sehr gut ausflairen und setzt bei Trimmgeschwindigkeit im Endanflug die Dynamik gut in Höhe um.

Gesamtfazit (Erstschirm nach Ausbildung/ Groundhandling):

Der Illusion ist als Erstschirm nach der Ausbildung sehr gut geeignet! Hier dürfte der Illusion Piloten ansprechen, welche erste Erfahrungen mit dem Thermikfliegen machen wollen. Der Schirm ist erstklassig zu starten und vermittelt fortan ein gutes, sattes und unkompliziertes Fluggefühl. Ungewollte dynamische Flugmanöver sind nahezu ausgeschlossen und bedürfen kraftaufwendiger Eingriffe oder sehr groben Störungen. Die Kalotte ist sehr klappresistent. Härterer Turbulenzen werden sehr gut ausgeglichen, aber gleichermaßen auch deutlich angezeigt, indem Rückmeldungen am Tragegurt erfolgen. Jedoch ist die Ausgeprägtheit der moderat abgedämpften Schläge sehr pilotenfreundlich und erhöhen das Sicherheitsgefühl immens.
Natürlich eignet sich der Illusion für erste kleinere Streckflüge an guten und ruhigen Flugtagen - die Geschwindigkeitsreserve mit gutem Gleiten ist jedoch bei 44 km/h - 45 km/h aufgebraucht und die Leistungskurve bricht bis zur Endgeschwindigkeit ein. Auch das ist klassentypisch. Der Beschleunigerwiderstand ist angenehm und auch über längere Passagen leicht zu halten.
Das Thermikhandling ist vom Feinsten und stellt keine sonderlichen Ansprüche, um auch ganz oben mitzufliegen.
Der Pilot bekommt ein erstaunlich klappresistentes und nach meiner Einschätzung sehr sicheres Segel an die Hand, dass in moderaten Windbedingungen richtig viel Spaß macht und dem Gelegenheitspiloten oder Neuling ein gutes Stück nach vorne bringen wird.

Kritikpunkte:

-Farbe der Leinenebenen zu wenig abgestuft (mit Sonnenbrille ist rot und orange kaum zu unterscheiden)
-sinnvoll wäre eine Mittenmarkierung an der Hinterkante des Segels


Jürgen Karthe