Für Aufsteiger aus der High-B-Klasse, die ihren Schirm beherrschen und bereits gewollt sind, sich mit der Zweiliner-Technik auseinanderzusetzen, ist der Verve aus meiner Sicht als erster C-Schirm sehr gut geeignet. Aufgrund seines guten Steig- und Leistungspotentials in Verbindung mit einer gut ausnutzbaren Geschwindigkeit im beschleunigten Flug sollten ambitionierte Streckenjäger und Genuss-Cruiser – egal ob Alpen oder Flachland – den Verve unbedingt mal fliegen und sich ihr eigenes Urteil bilden. Um es kurz zu fassen, das Fliegen mit dem Verve macht einfach nur Spaß.
Der Verve wurde mir in unterschiedlichen Größen von Mac Para und vom deutschen Importeur (Moselglider GdbR) freundlicher Weise zur Verfügung gestellt.
Den Verve bin ich in der Größe 25 (L) mit dem Gurtzeug Woody Valley GTO light 2 in einem Gewichtsbereich von 102 kg bis 107 kg und den Verve 27 (XL) mit dem Gurtzeug Woody Valley X-Alps GTO in einem Gewichtsbereich von 107 kg bis 116 kg geflogen. Getestet wurde in vier unterschiedlichen Geländen im Flachland mit 17 Starts und knapp 15 Flugstunden von umlaufendem Wind bis Starkwind (deutlich über 30 km/h) in grenzwertig anspruchsvollen Bedingungen bei Temperaturen von -5°C bis 14°C. Der Grund der zwei getesteten Schirmgrößen liegt darin, dass ich mich genau zwischen zwei Schirmgrößen des vom Hersteller angegebenen Gewichtsbereiches befinde.
Der Verve als Zweiliner hat laut Herstellerangaben 67 Zellen mit einer Streckung von 6,6 nutzt die Technologien eines vollverstärkten Profils mit dünnen Nitinolstäbchen, leichten Stoffen von Porcher Sport, besitzt Winglets und Tragegurte, welche in zwei Ebenen (A und B) aufgeteilt sind. Der A-Tragegurt wird zweimal unterteilt, einmal in A (für die zwei zentralen Stammleinen) und einmal A 1 (der äußere A-Stammleine). Am B-Tragegurt sind jeweils drei Stammleinen aufgehängt, die äußere untere Stammleine (B 3 Leine) ist farblich gelb hervorgehoben und im B-Gurt ist ein Griff (B-Handle) für die B-Tragegurt-Steuerung integriert. Die Nitinolstäbchen sind im Ober- und Untersegel verarbeitet, sodass der Verve wort-wörtlich ordentlich „verdrahtet“ ist. Im Gesamtbild zeigt der Verve eine durchdachte Konstruktion, eine hochwertige Verarbeitung in Verbindung mit einem leichten Kappengewicht. Die detaillierten Konstruktionsdetails können von der Herstellerseite entnommen werden.
Im Startverhalten ist der Verve einfach, unkompliziert und erfordert keine speziellen Tricks. Bei Wind über 20 km/h sollte die vorgefüllte Kappe mit aktivem Zug an den B-Gurten am Boden gehalten werden, um einen selbstständigen Start zu vermeiden. Die Kalotte kann beim Aufziehen im Wind durch die B-Ebene gut kontrolliert und gesteuert werden, ohne dass man ausgehebelt wird. Bei viel Wind sollte das „Einbremsen“ in und unmittelbar nach der Powerzone mit den Steuerleinen vermieden und stattdessen die B-Gurte verwendet werden, um ein Aushebeln zu vermeiden.
Lästige Aushebel- oder Überschießtendenzen bei viel Wind oder turbulenten Bedingungen am Start können sehr gut mit der im Betriebshandbuch angegebenen Startmethode über die äußeren gelb eingefärbten B-Leinen vermieden werden. Eine detailliertere Beschreibung dieser Startmethode im Betriebshandbuch wäre für Aufsteiger wünschenswert, weil sie das Starten insbesondere bei kleinen und steilen Startplätzen in schwierigen Bedingungen erheblich vereinfacht. Die „Ohren“ werden gleich mit einem B-Stall aufgezogen, was weniger Kraft im gesamten Startablauf erfordert und eine gute Kontrolle der Kappe über die inneren A-Leinen und die äußeren B-Leinen ermöglicht.
Die Kontrolle des Verve ist im Vergleich zu anderen führenden C-Zweileinern tatsächlich sehr gut. Die Steuerkräfte (ein subjektives Gefühl) lassen sich hier schwer beschreiben, weil sie zwischen leicht bis moderat liegen. Wenn man enger drehen möchte, beim nachdrücken oder bei einen raschen Rollwechsel, steigt der Steuerdruck, ohne dabei unangenehm aufzufallen. Der Pilot wird dabei gut informiert, z.B. wenn er es mit seinen Steuereingaben übertrieben hat, bevor es zu bösen Überraschungen kommt. Wenn die gewünschte Schräglage bei einer sportlichen Pilotierung erreicht ist, bleibt der Kraftaufwand dann angenehm niedrig, was insbesondere bei langen Flügen positiv ist. An der Obergrenze beladen nehmen die Steuerkräfte etwas zu. Für mich war das Fliegen mit einer halben Wicklung der Bremse sehr effektiv und angenehm. Alle wesentlichen Informationen der Luftmasse werden mitgeteilt und die Kappe folgt auf Steuereingaben für einen Zweiliner sehr direkt. Weitere Informationen über das Steigen und Turbulenzen werden über die Tragegurte, aber auch sehr gut spürbar über die B-Gurte mitgeteilt. Den Steuerdruck einschließlich der B-Steuerung – von schwachen bis hin zu grenzwertig sportlichen Bedingungen – empfand ich durchweg als angenehm. Man kann sehr gut schwache Aufwinde erkennen und in Turbulenzen wird man nicht mit unnützen Informationen überflutet. Flotte Kreise oder erforderliche Drehwechsel erfolgen, trotz der relativ hohen Streckung, für einen Zweiliner sehr direkt. Im Vergleich zu anderen Zweilinern der Klasse, ist das Handling samt Effizienz in den Kurven spürbar besser, ohne dass am Flügel eine Veränderung an der Leinengeometrie vorgenommen werden muss. Der Verve ist eher ein Flachdreher, ohne Tendenzen zum Graben. Bei entsprechend sportlicher Pilotierung ist ein enges Kurbeln selbst in schwachen Aufwinden kein Problem, wobei der äußere Flügel gelegentlich gestützt werden möchte.
Wenn es in der Luft richtig ruppig wird (bei Windscherungen von Boden- zum Höhenwind, auch in Verbindung mit Thermik) zeigt der Verve ein Arbeiten in der Kappe und kurze Ohrenschnalzer, ohne negative Tendenzen des Flügels. Dabei werden alle wichtigen Informationen mitgeteilt, ohne dass es dabei zur Informationsüberflutung kommt. In der Luft weiß man, was Sache ist; nicht mehr und nicht weniger. Der Verve hat dabei eine angenehme Agilität mit sanften Bewegungen, ohne das der Schirm zu dynamischen Reaktionen neigt. In turbulenten Bedingungen benötigen der Photon und der Artik R deutlich mehr aktive Pilotenkontrolle bzw. mehr Pilotenerfahrung als der Verve.
Das Fliegen in den vom Hersteller angegebenen und mir erflogenen optimalen Gewichtsbereichen der beiden Schirme ist unglaublich effizient. Beim Fliegen unter sehr schwachen Bedingungen in unterschiedlichen Geländen konnte hier tatsächlich jedes schwache Steigen ausgenutzt und Luftbewegungen spürbar in Höhe umgesetzt werden (vgl. Laucha an der Unstrut, Flug mit dem neuen Verve von @OficialMacPara . - YouTube). „Hört“ man auf die Signale, kann man fühlen, ob es den Verve nach links oder rechts zieht, sodass man der steigenden Luftmasse leicht folgen kann. Das Fliegen in der Herbst- und Winterthermik (bis 2,1 m/s integriertes Steigen) in teils turbulenten und anspruchsvollen Bedingungen mit deutlich über 30 km/h Wind war einfach. In den turbulenten Grenzschichten vom Boden- zum Höhenwind, hatten andere Piloten aus der B-Klasse bereits das Rudern angefangen, wo beim Verve nur ein „Arbeiten“ in der Kappe festzustellen war. Dabei hatte ich keine überraschenden oder gar giftigen Momente erlebt, die beherzte Piloteneingriffe erforderten.
Ohne Probleme konnte ich in unterschiedlichen Gewichtsbereichen mit den besten Steigern aus unterschiedlichen Klassen und anderen Zweilinern der C- und D-Klasse mithalten. Einen Vergleich im optimalen Gewichtsbereich braucht der Verve nicht scheuen. Bei einem Vergleichsflug unter sehr schwachen Bedingungen mit guten Steigern (z.B. Rush 5 und Zeno 2 hier jeweils am unteren Gewichtsbereich beladen, wo meine Freunde ihre Schirme extra untereinander tauschten), konnte ich mit Verve 27 (XL) mit 111 kg beladen ohne Probleme mithalten. Um sehr schwaches Steigen am obersten Startgewicht zu erfühlen, benötigt der Verve mehr Pilotenkonzentration. Meiner derzeitigen Einschätzung nach ist besser, den vom Hersteller optimalen Gewichtsbereich unter normalen Bedingungen einzuhalten und nur bei guten Wetterlagen an die Obergrenze des zulässigen Gewichtsbereiches mittels Wasserballast zu gehen. In meinen erflogenen Gewichtsbereichen konnte ich keine negativen Pitch-Tendenzen der Kappe in turbulenten Bedingungen feststellen.
Der Trimmspeed ist klassentypisch. Der untere Geschwindigkeitsbereich (vom geringsten Sinken bis zum Trimmspeed) des Verve lässt sich in den von mir erflogenen Gewichtsbereichen einfach und präzise ausfliegen. Die Kräfte des Beschleunigers sind dabei angenehm niedrig. An der obersten Gewichtsgrenze beladen gleitet er mit einer guten Polare gegen den Wind und ich habe beschleunigt (Rolle auf Rolle) einen Topspeed von ca. 58 km/h erreichen können. Im beschleunigten Flug hat der Verve eine sehenswerte Rollstabilität im Geradeausflug mit einer effizienten B-Steuerung, ohne dass die Kappe zu „hart“ wird. Die Zugkräfte der B-Tragegurt-Steuerung sind in allen Geschwindigkeitsbereichen angenehm moderat. Man spürt bei leichtem Zug ohne Kraftanstrengung auf den B-Gurten, was in der Luft los ist. Beim Vergleich bei Gleitflügen mit anderen aus der C-Klasse bekannten Zweilinern konnte der Verve ohne Probleme mithalten.
Große Ohren lassen sich für einen Zweiliner – konstruktionsbedingt mit etwas mehr Kraftaufwand als bei einem Dreiliner – gut anlegen und die Kappe spricht gut auf Gewichtsverlagerung zur Steuerung an. Die Sinkwerte (vollbeschleunigt) waren größer als 5 m/s. Ein Sicherheitsvorteil, wenn es mal eng werden sollte. Die Ohren benötigen beim Öffnen etwas Unterstützung. Der B3-Abstieg (Stall) ist aus meiner Sicht etwas komplizierter, erzielt „nur“ moderatere Sinkwerte, wobei der Verve gut über Gewichtsverlagerung steuerbar ist.
Um es kurz zu fassen, das Fliegen mit dem Verve macht einfach nur Spaß.
Die Stärken des Verve sind sein angenehmes Handling, sein gutes Steigen und sein in allen Geschwindigkeitsbereichen durch bewegte Luftmassen effizientes Gleiten mit einer bemerkenswerten Fähigkeit, Luftbewegungen dabei in Höhe umzusetzen. Der Verve hat eine gute Kappenstabilität, ist aber nicht übermäßig gedämpft, sodass sich das Feedback gut anfühlt. Das Fliegen unter anspruchsvollen Bedingungen ist sehr komfortabel und beherzte Piloteneingriffe sind selten notwendig.
Es wird spannend, da aus meiner Sicht mit dem Verve ein neuer Maßstab in Kombination aus Handling, Komfort und der damit verbundenen Leistung in der C-Klasse gesetzt wird. Der Streckenpilot/-jäger kann sich mehr auf seine XC-Aufgaben konzentrieren und so ernsthafte XC-Erfolge einfahren. Der Genus-Cruiser wird aufgrund entspannter Leistung mehr Flugzeit generieren und noch mehr Landschaften erforschen können.
Für Aufsteiger aus der High-B-Klasse, die ihren Schirm beherrschen und bereits gewollt sind, sich mit der Zweiliner-Technik auseinanderzusetzen, ist der Verve aus meiner Sicht als erster C-Schirm sehr gut geeignet. Aufgrund seines guten Steig- und Leistungspotentials in Verbindung mit einer gut ausnutzbaren Geschwindigkeit im beschleunigten Flug sollten ambitionierte Streckenjäger und Genuss-Cruiser – egal ob Alpen oder Flachland – den Verve unbedingt mal fliegen und sich ihr eigenes Urteil bilden.