Testpilot, Hike-&-Fly-Spezialist, Red-Bull-X-Alps-Teilnehmer, Wettbewerbspilot ... Christian Amon, der Allrounder aus dem Salzkammergut, ist ein Urgestein mit vielen Facetten. Franz Sailer hat mit Christian ein Hike & Fly absolviert und einiges über den stillen Alleskönner erfahren ...


DER GLEITSCHIRM-ALLES KÖNNER IM PORTRÄT

von Franz Sailer

Um mit Christian gemeinsam Gleitschirm zu fliegen, muss man früh raus aus den Federn. Ruft man den Frühaufsteher gegen 9 Uhr an, kann es sein, dass er bereits einen Flug absolviert hat. „Hab“ noch schnell einen Prototypen getestet“, so sein Kommentar. Auch heute sind wir früh dran, wir treffen uns zu einer knapp dreistündigen Hike-&-Fly-Tour auf den imposanten Schafberg am Wolfgangsee. Sengende Hitze legt sich bereits um 8 Uhr morgens über die Talsohle am Grottensee, an dessen Ufer wir unsere Fahrzeuge parken und losstarten. Das kann ja heiter werden! Meine Kondition ist mäßig, ich habe diesen Sommer wenig Sport betrieben. Christian dagegen strotzt nur so vor Ausdauer und Kraft. Der 53-jährige ist voll fit, sein äußeres Erscheinungsbild gleicht dem eines „durchtrainierten Gladiatoren“, kraftvoll, schlank und muskulös.

Getroffen habe ich Christian Amon in den letzten Jahrzehnten oftmals. Als dezidierte „Wiederholungstäter“ treffen wir uns zwar regelmäßig, aber eher zufällig auf verschiedenen Gleitschirm-Startplätzen. Oben am Berg sind wir beide zumeist am „Schaffen“, soll heißen: Gleitschirme testen! Sein Nebenjob ist Testpilot, meiner auch. In Folge bleibt nur wenig Zeit am Startplatz zum Plaudern. Rasch ein paar Worte wechseln ... schon sind wir in der Luft, um neues Material, Gurtzeuge oder Schirme zu testen!

Fliegerisch treibt sich das Gleitschirm-Multi- talent zumeist am Bischling in Werfenweng herum. Er testet dort oft Prototypen von Mac Para oder von anderen Herstellern, häufig „heiße Kisten“, auch CCC-Geräte. Der Vielflieger hat im Gegensatz zu mir aber auch das Privileg, ein geniales „Testzentrum“ direkt vor seiner Haustür vorzufinden. Am Krippenstein nahe dem Hohen Dachstein, seinem Hausberg, kann er sogar über dem Wasser des Hallstätter Sees neuem Material auf den Zahn fühlen.

Pioniere und Versuchskaninchen ...

Christian stammt aus Hallstatt, jener Marktgemeinde mit nur knapp 1.000 Einwohnern, die jährlich von an die 700.000 Touristen „tagesbesucht“ wird. Die vorwiegend aus dem asiatischen Raum stammenden Reisenden werden nicht mehr von den dortigen Salzvorkommen angezogen, vielmehr von der Tatsache, dass das liebliche, fast kitschig gelegene Dorf am Hallstätter See mit seiner filmreifen Kulisse von den Chinesen nachgebaut wurde und somit sich das Original als Besuchermagnet regelrecht aufdrängt. Christian lassen die Besuchermassen eher kalt, der Oberösterreicher hält sich ohnehin vorwiegend in den Bergen auf. Er fliegt bereits seit 1990, das Jahr, in dem auch ich das erste Mal unter einem Gleitschirm gehangen habe. Was für ein Zufall, worüber wir beide laut lachen müssen. Nachdem wir unsere Rucksäcke geschultert haben, stapfen wir die ersten Höhenmeter durch den schattigen Mischwald am Ufer des tiefblauen Wolfgangsees.

Christian erzählt ein paar Episoden aus seiner Anfangszeit der Gleitschirmfliegerei zu Beginn der 90er-Jahre. „Eigentlich haben zu dieser Zeit nur wenige in der Gegend den Flugschein in einer Flugschule gemacht. Die ersten Pioniere haben in Folge kurzerhand den anderen Jungs das Fliegen in Hallstatt, Gosau, Goisern oder Altaussee „unter der Hand“ beigebracht. Am Übungshang nach der Arbeit! Irgendwann Mitte der 90er-Jahre sind plötzlich an die 20 Piloten vom Krippenstein oder Loser geflogen, und noch immer hatte bloß eine Handvoll den offiziellen Flugschein.“

Ja, ich erinnere mich gut daran, die Geschichte kenne ich: „Learning by doing“ oder „trial and error“ war damals die Devise! Einer hat’s dem anderen gezeigt ... der wieder dem nächsten. Theorie gab's nicht, passiert ist natürlich viel ... die meisten Malheurs (Gott sei Dank!) nur am Übungshang. Auch der Pfarrer aus Hallstatt ist regelmäßig mit dem Gleitschirm ausgerückt und musste mehrmals aus den Bäumen befreit werden. Eine verrückte, wilde Zeit, an die wir uns beide lebhaft erinnern, eine Zeit, in der wir Pioniere und Versuchskaninchen zeitgleich waren. So sind wir beide den legendären STV Comet CX von Ernst Steger geflogen, jenen Gleitschirm, der sich bereits weit entfernt hatte von den berüchtigten Abstiegshilfen Ende der 80er-Jahre und mit dem man bereits ausgedehnte Thermikflüge und respektable Strecken fliegen konnte.

Eigentlich sei er durch das Klettern zum Fliegen gekommen, klärt mich Christian auf meine Frage hin auf, wie er denn zum Gleitschirmfliegen gekommen sei.

„Dann hat mich das Fliegen immer mehr gepackt und bis heute nicht mehr ausgelassen“, resümiert das fliegerische Urgestein aus Hallstatt.

Uff, bereits nach den ersten dreihundert Höhenmetern muss ich meine Worte zügeln und mich beim Dialog einbremsen, um Luft für den langen Anstieg zu sparen. Schwitzend quäle ich mich mit dem 15 kg schweren Packsack bergwärts, während Christian mit ähnlich großem Marschgepäck wie eine leichtfüßige Gams - und schier ohne eine Schweißperle auf der Stirn — ganz locker, den steilen, steinigen Wanderpfad hochläuft.

Red-Bull-X-Alps- und Bordairrace- Teilnehmer, Hike-&-Fly-Enthusiast

Vor dem Gleitschirmfliegen ist Christan auf hohem Schwierigkeitsgrad geklettert. Klettern war damals seine Hauptbeschäftigung. Heute macht er stattdessen im Jahr unzählige ausgedehnte Hike-&-Fly-Touren. Jedes Jahr absolviert er an die 100.000 Höhenmeter! Unfassbar, wenn man bedenkt, dass selbst leidenschaftliche Hike-&-Fly-Piloten im Schnitt gerade mal 20.000 bis 30.000 Höhenmeter pro Jahr sammeln. „Manchmal besteigt er nach einem PWC-Task noch einen Gipfel und macht eine abendliche Hike-&-Fly-Tour“, erzählt Alex Schalber, sein langjähriger Freund und Begleiter auf der PWC-Tour. Ganze zwei Mal nahm Christian Amon am härtesten Gleitschirmrennen der Welt teil, den Red Bull X-Alps. Leider musste er vorzeitig aufgrund von Knieproblemen aufgeben.

„Man muss bei so einem Rennen extrem hart an die Grenzen und teilweise darüber gehen“, meint Christian zum X-Alps Race. Und ergänzt nachdenklich: „Die Gesundheit geht vor, und wenn man zu viel Gas gibt, kann man sich rasch ruinieren“. Als er beim letzten X-Alps-Rennen einem anderen Race-Teilnehmer am Gletscher des Hohen Dachsteins aus der Patsche geholfen hat, hat er sich dabei beinahe das Knie kaputt gemacht, da war’s dann vorbei.

In den letzten Jahren hat der Test- und Wettkampfpilot mehrmals auch an Bordairrace- Bewerben teilgenommen und dabei Topplatzierungen erreicht.

Meine Erfahrung zur Stunde ist, dass ich in schlechter Kondition bin! Nach ca. 500 Höhenmetern kann ich Schritt und Tempo nicht mehr halten. Es ist wie es ist: Ich gehe bereits am Limit, Christian hat sich gerade mal aufgewärmt! Auf mein Ersuchen, mit seinem gewohnten Tempo voranzugehen, während ich hinten nachkrieche, reagiert er zunächst rücksichtsvoll und will auf mich warten. Nach weiteren 100 Höhenmetern Aufstieg muss ich endgültig meine Geschwindigkeit drosseln und gebe ihm schnaufend zu wissen: „Christian, geh voran, bei meinem Tempo wird dir kalt und du verkühlst dich womöglich!“ Gesagt, getan, im Nu ist er auf und davon ...

Als ich aus dem kühlen Wald in die pralle Sonne stapfe, trifft mich fast der Hitzschlag. „Warum muss ich am bisher heißesten Tag des Jahres so eine lange Bergtour machen?“ denke ich mir. Ich beschließe, die letzten 400 Höhenmeter einzusparen und starte weiter unten nahe der Mittelstation der famosen Zahnradbahn bei 1.400 m, in der Hoffnung, mit Thermikhilfe hochzufliegen und am Gipfel topzulanden. Es klappt, doch dauert es fast eine geschlagene Stunde, bis ich die hartnäckige Inversion durchstoßen und am Schafberggipfel toplanden kann. Wir trinken einen kalten Radler und plaudern über Christan Amons Erfahrungen als Werksund Testpilot in den letzten Jahren.

Nebenjob als Werks- und Testpilot

Tatsächlich verdient Christian im Gleitschirm- sport auch Geld. Er ist zwar hauptberuflich bei der Gemeinde Hallstatt beschäftigt, arbeitet allerdings seit vielen Jahren nebenberuflich als Testpilot. So hat der Pionier beim DHV als Prüfer mehr als fünf Jahre gearbeitet. Mehrere Jahre war er als Testpilot für den deutschen Gleitschirmhersteller Swing tätig.

„Seit acht Jahren teste und konstruiere ich hauptsächlich nur mehr für Mac Para“, erzählt der Werkspilot. Sein Arbeitgeber ermöglicht ihm diesen zeitintensiven Nebenjob, man hat eine für ihn günstige Vereinbarung getroffen, die ihm viel Freizeit gewährleistet. Auch seine Frau Barbara - Christian hat vor zwei Jahren geheiratet - ist tolerant, wenn er viel Zeit in der Luft mit Schirmtesten in der Thermik, Leinentrimmen und mit aufwändigen Vergleichsflügen verbringt. Unter den Prototypen, die er testet, finden sich auch immer wieder Schirme anderer Hersteller. Aktuell testet er einen neuen Proto- Wettkampfschirm eines namhaften Herstellers, sowie den Mac Para Eden 8 Proto. Letzterer begleitet ihn auf die nächste Testtour nach Teneriffa, wo gleich zwei verschiedene Versionen davon fliegen werden: Eine mit Stabilisatoren am Außenflügel, eine ohne.

Gegen Mittag wollen wir gemeinsam abheben und das Traumpanorama über der einmaligen Seenlandschaft des Salzkammerguts genießen. Während ich heute mit dem neuen Hero2 von AirDesign unterwegs bin, fliegt Christian den neuen Mac Para Zweileiner „Verve". Er macht sich beim Gipfelhaus startfertig. Ich knipse ein paar coole Fotos, während der Profi spielerisch an der Klippe im Hangaufwind — direkt neben dem Gipfelhotel und durch Dutzende Bergtouristen hindurch - mit dem Schirm in „Ground- handling-Manier“ ganz locker herumspaziert. Die Touristen staunen mit offenen Augen über seine Leichtigkeit und Coolness - dann lässt sich Christian gekonnt vom Aufwindband des Schafbergs den Boden unter den Füßen wegziehen, ab gehts in die scheinbare Schwerelosigkeit über den im Sonnenlicht schillernden Wolfgangsee ...

 Wir spielen eine Zeitlang im laminaren Aufwind, kurbeln ein wenig in der stumpfen, von Saharaluft durchmischten Thermik und überhöhen zu unserer Freude doch satt die imposante Gipfelkante mit ihrer senkrecht abfallenden Nordwand. Noch ein paar Fotos schießen, dann geben wir unseren Gleitmaschinen die Sporen und brettern mit voll durchgetretenem Speedsystem über den traumhaften Wolfgangsee in Richtung Landeplatz.

Hitze und Schwüle im Tal sind schier unerträglich! Gleich nach der Landung reiße ich mir die Kleider vom Leib und springe ins kühle Nass des Grottensees nahe des Landeplatzes. Jetzt ist Zeit für ein Landebier, Christian hat in weiser Voraussicht schon zwei Halbe an der Jausenstation bestellt. Eine Frage brennt mir schon' lange auf der Zunge: „Du fliegst auch PWC ... was sind die Gründe dafür und wie siehst du den Wettbewerb?“

PWC-Tour: Spaß und Materialtesten!

„Ja ich fliege PWC seit etwa zehn Jahren. Zum einen, weil man sich hier fliegerisch um einiges weiterentwickelt. Zum anderen habe ich die Möglichkeit meine Protos zu testen und mit anderen Geräten im Wettkampfmodus zu vergleichen. Vergleichsflüge sind bei der Entwicklung neuer Schirme enorm wichtig.“

Der Wettkampf, vor allem der PWC, macht ihm immer noch Spaß. Seit Jahren fliegt der Unermüdliche auch in der Österreichischen Nationalmannschaft.

„Auch um sich weiterzuentwickeln“, meint er. Gleichzeitig bedeutet Wettbewerbe zu fliegen für ihn auch: „Um ganz oben zu stehen, muss man alles riskieren. Die Devise lautet: Hopp oder drop! Doch heute fliege ich nicht mehr so verbissen, ich brauche mir nichts mehr beweisen und anderen auch nicht. Der Wettbewerb ist spannend und voller Überraschungen. Schöne Erlebnisse, eine große Community, das ist es, was für mich heute mehr denn je zählt.“

Trotz dieser mittlerweile „entspannten“ Einstellung fliegt Christian nach wie vor immer wieder ganz vorne mit: So war er im vergangenen Jahr bei den österreichischen Staatsmeisterschaften am Podium und fliegt auch auf der PWC- Tour mehrmals im Jahr immer wieder gute Platzierungen ein. PWC-Pilot und Airbuddy Alex Schalber beschreibt ihn im Wettkampf so: „Christian ist durch die Erfahrungen als Testpilot eher hart im Nehmen, turbulente Bedingungen beeindrucken ihn weniger. Bei einem Weltcup in Portugal wurde er unverschuldet in eine Kollision verwickelt, dabei verlor er einseitig die vollständige Bremsspinne. Er stallte und stabilisierte den kollabierten Schirm dann mit der B-Ebene in den normalen Flugmodus. Die Landung nur mit der B-Ebene zum Abbremsen und Aufsetzen bei 30-km/h-Wind war dann für ihn auch kein Problem.“

Besessen, süchtig, unermüdlich?

In der Gleitschirmszene wird Christian Amon gelegentlich als „Besessener“ bezeichnet. Wer ihn nicht kennt, bei dem mag das so erscheinen, da der Nimmermüde scheinbar andauernd am Fliegen ist und dies noch dazu mit extremer Intensität. „Andauernd“ kommt schon hin, denn durchschnittlich absolviert er ca. 600 Flüge im Jahr, ist 300 Stunden und mehr in der Luft, im Sommer und im Winter klarerweise. Doch als Werks- und Testpilot muss man auch oft in die Luft, selbst wenn das Wetter nicht so gut ist, das weiß ich nur zu gut. Hinzu kommt, dass Christian nicht nur ein begeisterter Hike-&-Fly-Pilot ist, sondern auch leidenschaftlich Strecken fliegt. So pickt er sich die guten XC-Tage heraus und knackt dabei fast immer die 200er Marke.

„Klar wäre es ein Ziel und ein Traum, die 300er-FAI-Marke zu schaffen“, schwärmt er. Ein realistisches Ziel, denn 250 bis knapp 280 km hat er schon mehrmals abgespult. Auf seinen Flugstil bzw. seine Flugtaktik beim Wettbewerb bzw. Streckenfliegen angesprochen, meint er: „Ich fliege beim XC-Fliegen teilweise zu aggressiv und zu schnell, das kommt vom Wettbewerbsfliegen, dann muss man aufpassen, um nicht irgendwo zu tief zu geraten, schon hat man eine ordentliche Baustelle ausgefasst!“

Generation X, die Szene und der Nachwuchs

Christian und ich, wir zählen zur Generation X. Die Gen X folgt den Baby-Boomern und umfasst der gängigsten Definition nach die Jahrgänge 1965 bis 1980. Wir, die Gen-X- ler, sind bereits mit Computer aufgewachsen, spielten in Jugendjahren mit dem berühmten Commodore 64, verbrachten allerdings den größten Teil unserer jungen Jahre im Gegensatz zu den später folgenden Millennials noch in der „analogen“ Welt. Soll heißen: Wir spielten noch viel draußen in der Natur, betrieben ausdauernd sämtliche Outdoor-Sportarten, schauten bei Schlechtwetter Wimbledon mit Boris Becker, und begannen ganz von selbst - ohne Influen- cer - Anfang der 90er-Jahre dem geilsten Sport zu frönen, der damals aufkam: Gleitschirmfliegen!

„Heutzutage sind die Piloten sehr auf das Material versessen. Es geht zu oft um Leistung und um das Herzeigen, was man hat, - im Internet und in den Sozialen Medien“, kommentiert Christian die Nachwuchsszene.

„Es wird bei jedem Wetter geflogen, um ständig Neues zu berichten. Am Landeplatz werden sofort Bilder und Filme hochgeladen, teilweise sogar während des Fluges. Newcomer kümmern sich oftmals zu wenig um die Gefahren von Wind und Wetter, Gewitter werden unterschätzt. So kommt es vermehrt zu Unfällen. Auch bei der Ausrüstung wird vorrangig Gewicht gespart, anstatt auf Sicherheit Wert zu legen.“ Ich muss ihm zustimmen und wir werden kurz nachdenklich ... doch Gleitschirm- flieger schauen nach vorne und so sieht auch Christian vor allem den anhaltenden Trend zum Hike & Fly überaus positiv - „falls das Ganze mit der richtigen Einstellung betrieben wird“, fugt er hinzu.

Gleitschirmentwicklung und Sicherheitsaspekte

Christian ist auch Mitglied im Ausschuss des PWC, wo es unter anderem auch um mehr Sicherheit geht. Das betrifft auch Gurtzeuge und Protektoren, die im Wettkampf verwendet werden. Und er fragt sich: Warum gelten ähnlich strenge Sicherheitsvorschriften nicht für alle Gurtzeuge? Auch das Thema „Retter“ beschäftigt ihn: Bei Notschirmen wird mittlerweile fast nur mehr auf das Gewicht geschaut. „Beruhigungspillen“ nennt Christian die kleinen Päckchen.

„Da hat ein Pilot 90 kg Gewicht und eine 100-kg-Rettung eingepackt. Dass sein gesamtes Startgewicht aber womöglich 105 bis 110 kg beträgt, wird oft vergessen. Der fällt mit seiner Beruhigungspille runter wie eine Dachplatte“, meint er kopfschüttelnd. Auch dem Leichtbautrend in der Gleitschirmentwicklung gewinnt Christian nicht nur Positives ab, sondern sieht die Entwicklung durchaus zwiespältig, da massive Gewichtseinsparung und geforderte Leistungssteigerungen immer schwerer in Einklang zu bringen sind. Die Vorteile sind von uns Piloten gewünscht, die Nachteile werden oftmals ausgeblendet.

Wir leeren unsere Bierkrüge, es ist Zeit, sich zu verabschieden. Eine Frage, die mich selbst als Testpilot und Vielflieger genauso betrifft, muss ich ihm klarerweise noch stellen: „Sag mal, was treibt dich immer noch so an, was motiviert dich fortwährend, das Gleitschirmfliegen so intensiv zu betreiben?“

Christian denkt kurz nach und meint: „Da oben zu fliegen, das ist ein Privileg, das nicht viele haben. Und es motiviert mich immer wieder, etwas Neues zu konstruieren bzw. zu testen.“ Auf seine bisher größten Erfolge/persönlichen Rekorde angesprochen, meint er bescheiden: „Persönliche Erfolge gibt es genug, alle aufzulisten, ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass man mit sich zufrieden ist, das tut, was man selbst gerne macht, und nicht etwas tut, bloß weil es andere machen.“

Noch schnell eine letzte Frage: „Welche Tipps kannst du Piloten geben, die sich fliegerisch oder speziell beim XC-Fliegen verbessern möchten?“ Christian: „Das mittlerweile recht trickreiche Wetter checken und viel Zeit in der Luft verbringen. Nur so wird man alt und bleibt gesund!“

Christian Amon, der nimmermüde Alleskönner aus Hallstatt ist Gleitschirmflieger aus Leidenschaft und großer Naturliebhaber. Der ruhig wirkende, erfahrene Haudegen redet manchmal nicht so viel, aber er weiß viel! Uber das Klettern, das Gleitschirmfliegen, die Bergwelt, verbaute Materialen, moderne Gleitschirm- konstruktionen. Und er kennt auch das harte Training, die Kraft und Ausdauer, die es erfordert, so viele Jahre erfolgreich bei Wettkämpfen mitzufliegen ...          

PERSÖNLICHE Alter: 53
DATEN Beruf: VB-Bediensteter und Testpilot bei Mac Para
  Nationalität: Österreich
  Wohnregion/-ort: Hallstatt
  Familienstand: verheiratet
PILOTENINFOS Fliegt seit: 1990
  Flüge/Flugstunden pro Jahr: mindestens 300 Stunden
  Aktuelle Ausrüstung: Gleitschirm: Magus RFC 10, Ozone Enzo 3, Gurtzeug: Kanibal Race 2 Kortel Design
  SIV: als Testpilot immer im SIV-Modus
  Paramotor: -
  Akrobatik: Ja, immer wieder nur mehr zum Spaß
FLUGINFOS Meistbeflogenste Gebiete: Krippenstein, Bischling, Zwölferhorn
  Beliebeste Flugreisen: Teneriffa, Brasilien, Südafrika
  Persönliche Rekorde/größte Erfolge/weitester Flug: 275-FAI-Dreieck, längster Tandemflug: 11Std 47Min, Podiumsplätze bei Österr. Staatsmeisterschaften und Bordairrace-Bewerben, diverse Top-Platzierung im PWC, 2 x Teilnehmer Red Bull X-Alps
  Hike & Fly: ca. 100.000 Höhenmeter pro Saison
  Retterabgänge: mehrere Male bei Schirmtests

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Franz Sailer 
Thermik 1-2 2025