Mit dem Slogan „Spaß für anspruchsvolle Piloten“ bringt Mac Para den neuen Full-Reflex-Motorschirm „Colorado“ auf den Markt. Der Alleskönner soll anspruchsvollen Piloten maximalen Flugfreude bei hoher passiver Sicherheit offerieren.
Testpilot: Franz Sailer
Fotos: Franz Sailer/Norbert Aprissnig
Der Marktanteil des tschechischen Herstellers am PPG-Markt steigt kontinuierlich, zuletzt vor allem in den USA und Übersee. Ebenso wächst die Motor- schirmpalette von Mac Para rasch und stetig. Der „Samurai“, ein rasanter Carver für erfahrene Piloten, löste mittlerweile den Vorgänger „Paradox“ ab. Der „Colorado“ tritt nunmehr quasi in die Fußstapfen des Blaze GT und schließt wiederum die Lücke zwischen dem bewährten Intermediate-Cruiser „Charger“ und eben dem High-End-Performance-Gerät „Samurai“.
Designer Peter Reček gibt in der Entwicklung ordentlich Gas und hat sich auch bei der Konstruktion mit dem Colorado ganz klare Ziele gesteckt: Der Flügel muss sicher, stabil und einfach zu fliegen sein, dennoch soll der Neue attraktive Performance und maximalen Flugspaß bieten, um fortgeschrittene, anspruchsvolle Piloten voll zufriedenzustellen.
Mit 58 Zellen hat der Colorado einen ähnlichen Aufbau wie der Vorgänger Blaze GT, dafür wurde die ausgelegte Streckung von 5,3 auf 5,5 erhöht. Neuerlich — wie beim Blaze GT - findet sich beim Nachfolger keine Shark Nose. Peter Reček hat zahlreiche Prototypen mit und ohne Sharknose getestet und miteinander verglichen, in der Performance aber nur marginale Unterschiede festgestellt. An der Nase wurden beim Colorado relativ kurze, dafür steife Nylondrähte eingearbeitet. Zusätzlich finden sich wiederum die bei Mac Para obligaten Rigidfoils zwischen den Zellwänden der Eintrittsöffnungen, welche die Profiltreue verbessern und für eine glatte Oberfläche speziell im beschleunigten Zustand sorgen. An der Abströmkante verbessern Miniribs das Profil.
Das 4-fach-Tragegurt-Setup ist eine echte Augenweide und wahrlich durchdacht: Der relativ breite Gurt verfügt über einen Baby-A-Gurt, Ronstan- Rollen und geniale Feststeiltrimmer. Der Fest- stelltrimmer mit drei eingenähten Markierungen ziert nämlich eine großzügige Schlaufe, welche es erlaubt, diese bequem im Flug zu ziehen, ohne sich eine Hand verrenken zu müssen.
Der Steuergriff wurde mit zwei starken Magneten bestückt, so kann der Griff rasch und flexibel angeheftet werden. Überdies können für die Bremsgriffbefestigung zwei Positionen gewählt werden, eine tiefe z. B. für den Reiseflug oder eine höhere für das Manövern bzw. den kurvenreichen Speedflug. Serienmäßig kommt der Colorado mit einer ausgeklügelten 2D-Steuerung, mit welcher unser Testgerät ausgestattet war. Der kleine Steuergriff der 2D-Steuerung kann sowohl per Druckknopf am Tragegurt fixiert werden (zum Einpacken, vor dem Starten, damit nichts herumbaumelt) als auch im Flug bequem mit einem superstarken Magneten angeheftet werden. So ist die Wingtipsteuerung stets an ihrem angestammten Platz und sofort greifbar. Gummiringe an den Metallschäkeln dienen zur Leinenfixierung.
Insgesamt ist der Tragegurt exzellent verarbeitet und lässt keine Wünsche offen.
Auch beim Tuchmaterial spart Mac Para nicht und verwendet am Ober- und Untersegel das formstabile, langlebige Skytex 38 Classic mit 38 g/m2. Die ummantelten Stammleinen (Edelrid 7343 und PPSL mit einem Mix von 90-260 kg Belastbarkeit) sind farbig abgesetzt und perfekt voneinander zu unterscheiden. In der mittleren Galerie und im oberen Stockwerk werden gänzlich unummantelte Leinen von Edelrid (8000 U) eingesetzt, mit der Intention, den Leinenwiderstand im Schnellflug bei 60 km/h möglichst gering zu halten.
Der Colorado ist in sieben (!) Größen (18, 21, 23, 25, 27, 30, 33) erhältlich, welche einen sagenhaften Gewichtsbereich zwischen 80 und 215 kg abdecken.
Man kann aus drei Serienfarbdesigns (Blue, Red, Lime) wählen oder ein eigenes Farbdesign gestalten (gegen Aufpreis erhältlich).
Die unummantelten Galerieleinen benötigen bei den Startvorbereitungen einen Tick mehr Aufmerksamkeit, lassen sich jedoch unterm Strich rasch trennen.
Der eigentliche Start - ob rückwärts oder vorwärts - gestaltet sich mit dem Colorado simpel: Bei Nullwind den Feststeiltrimmer auf den weißen Strich stellen .... mit dosiertem Impuls aufziehen ... die Kappe füllt sich umgehend und gleichmäßig ... zieht superspurtreu zum Zenit und stoppt dort manierlich. Jetzt nur mehr Gas geben und nach wenigen Schritten abheben — so einfach startet nicht jeder Reflexschirm. Auch bei Seitenwind stresst der Flügel nicht: Mit leicht geöffnetem Trimmer geht’s willig und spurtreu nach oben, wobei die Kappe fast automatisch sanft in den Wind dreht. Ein Gieren um die Hochsachse, genauso ein Überschießen, gibt’s im Normalfall nicht. Sind wider Erwarten einmal Korrekturen (schlampig ausgelegt oder hochgeführt) nötig, ermöglicht die exakte Bremse verzögerungsfreie Korrekturen. Der Colorado wird genauso den frühmorgendlichen Starter, der ohne Wind/mit Seitenwind aus der Ebene raus muss, bei einem kniffligen Vorwärtsstart nicht im Stich lassen. Ebenso begnügt sich der Gleiter mit kurzer Laufstrecke und ermöglicht dank hoher Auftriebsfreude selbst dem untermotorisierten Schwergewicht eine verkürzte Startstrecke. Beim Abheben ist nur geringer Bremsdruck erforderlich.
Der Colorado offeriert ein ausgewogenes, rundes Handling. Die Kappe ist überdurchschnittlich wendig und vermittelt angenehm niedrigen Bremsdruck. Wer mit dem Colorado ab und an länger in der Thermik kurbeln will, wird die niedrigen Bremsdrücke absolut schätzen. Gleichzeitig zieht der rollfreudige Gleiter recht willig in die Kurve und nimmt jedwede Schräglage ohne Verzögerung an. Supereffizient kann man sowohl flach drehen als auch den Flügel schön über das Stabilo eng zirkeln lassen. Im Thermikflug zeigt sich der Colorado selbst in ruppiger Luft ausreichend gedämpft und superstabil.
Im motorisierten Steigflug punktet der Colorado mit ausgezeichneter Steigleistung und einem weiteren enormen Vorzug: Er oszilliert nicht! Zahlreiche High-End-Reflexschirme neigen unter Motorschub zum Rollen, was ein ständiges aktives Steuern erfordert. Nicht so der Colorado: Es fliegt sehr geradlinig und spurtreu. Selbst bei leichten Turbulenzen lässt er sich kaum aus der Ruhe bringen. Obwohl der Flügel auf Bremsinputs rollfreudig reagiert, ist er bei ungewollten Luftbewegungen überraschend „rollresistent“ und optimal gedämpft. Der Colorado steigt besser als der Blaze GT, er begnügt sich mit wahrlich geringem Motorschub und hilft Sprit sparen. Selbst an der Grenze beladen, benötigt die Kappe im Vergleich deutlich weniger Motorschub als so manch andere Fullreflex-Geräte. Fliegt man zwei, drei Stunden oder noch länger, ist genauso der Flugkomfort wichtig: Die schwereren Tragegurte machen sich im Flug bezahlt und sind ausgesprochen benutzerfreundlich. Die
Wingtipsteuerung ist im Speedflug stets gut erreichbar und kann prompt eingesetzt werden. Steuert man mit der 2D-Steuerung, bläst leider der Fahrtwind im Flug den Steuergriff ab und an um die Leine der Wingtipsteuerung. Dieser Überwurf muss infolge etwas umständlich entwirrt werden. Abhilfe: Die Bremsgriffe sind mit je zwei kräftigen Magneten ausgestattet und können im Flug rasch an die D-Tragegurte angeheftet werden, dort halten sie dann auch. Im Schnellflug gibt es so kein Herumbaumeln und Herdrehen mehr.
Feststeiltrimmer vollständig öffnen ... schon lässt sich der Colorado beim Cross Country im Nu von Trimmspeed 41-42 km/h um ca. 8 km/h auf 49-50 km/h beschleunigen. Das Sinken erhöht sich dabei um lediglich ca. 0,4 m/s, somit cruist es sich äußerst spritsparend. Auf langen Runs spart das tolle Steigprofil je nach Flächenbelastung 0,3 bis 0,5 Liter pro Stunde. Wer es noch flotter bevorzugt, kann den Colorado mittels Fußbeschleuniger auf 59—60 km/h pushen, ein Geschwindigkeitszuwachs von insgesamt etwa 17—18 km/h zum Trimmspeed. Das Sinken erhöht sich gegenüber dem Flug mit offenem Trimmer um nochmals ca. 0,5 m/s bzw. um insgesamt ca. 0,9 bis 1 m/s gegenüber dem Trimmspeed-Flug. Bei Fullspeed liegt die Kappe solide im Wind und präsentiert sich sehr angenehm roll- und pitch- gedämpft. Im Schnellflug empfiehlt es sich, die Steuergriffe mittels Magnete an die Tragegurte zu heften und stattdessen die Wingtipsteuerung zu benützen. Der Griff der Wingtipsteuerung ist mit einem Vinylschlauch verstärkt und liegt super in der Hand. Die Armhaltung liegt dabei etwas tiefer, doch bei langen XC-Flügen in kalter Luft ist die etwas niedrigere Position durchaus von Vorteil. Superspurtreu und mit niedrigen Sinkwerten gleitet der Colorado im Topspeed und penetriert effizient gegen den Wind. Wer über längere Zeiträume den Fußbeschleuniger betätigt, wird zudem mit relativ moderaten Pedalkräften verwöhnt! Werden im Schnellflug die Turbulenzen zu heftig, kann der Feststelltrimmer mit den praktischen Schlaufen in Nullkommanichts zugezogen werden. Infolge -kann der vorsichtige Pilot auch alleine mit dem Fußbeschleuniger Speed machen und in bewegter Luft so im Grenzbereich rasch wieder das Pedal lösen. Betätigt man den Fußbeschleuniger alleine, kann man den Colorado von ca. 41 bis 42 km/h im Trimm mit dem Fußgas um 12 km/h beschleunigen und erreicht ca. 53-54 km/h. Das Sinken erhöht sich mit dieser Gasstellung um ca. 0,7 m/s gegenüber Trimmspeed.
Carver, Slalomfetischisten oder Speedflyer werden mit dem Colorado durchaus auf ihre Kosten kommen. Dank des hervorragenden Handlings machen auch enge Speedkurven Spaß und es kommt bei häufigen Steuer- und Bremsinputs keine Ermüdung auf. Beim Manövern erzeugt die Kappe einen satten Durchzug und Punch, sodass hohe Wingover, enge Turns oder Speedkurven sauber durchgezogen werden können. Dennoch überfordert der Flügel nicht, falls man einmal ein Manöver verpatzt. Die Kappe baut die aufgebaute Energie rechti, rasch ab und beruhigt sich selbständig, falls die Bremsen gelöst werden. Das ergibt hohe Kontrolle und vermittelt viel Vertrauen.
Das Anlegen der Ohren geht einfach und benötigt wenig Kraftaufwand. Die Ohren legen sich sauber an, ohne zu schlagen. Lässt man die äußeren A-Leinen wieder los, öffnen die Ohren durchwegs selbst-ständig. Ab und an muss man mit der Bremse nachhelfen, um Restzellen aufzupumpen.
Der Flügel zieht rasch in die Spirale und baut hohe Rotationsenergie auf. Die Geschwindigkeit der Spirale lässt sich mit der Außenbremse super dosieren. Der Schirm leitet die Steilspirale nahezu selbständig aus und verzeiht beim Exit so manchen Timingfehler mit der Außenbremse.
Selbst bei Nullwind ist die Landung mit dem Colorado stressfrei. Die Kappe erzeugt genügend Auftrieb und Energie zum Ausflaren und sanftem Aufsetzen. Es ist nicht notwendig, die Kappe aggressiv „anfahren“ zu lassen. Selbst bei hoher Beladung von 124 kg in der Testgröße 23 (Startgewicht bis 130 kg) bleibt das Sinken gering und eine motorlose Landung ist dadurch kein „Glücksspiel“. Der auftriebsstarke Flügel verzeiht ohne weiteres ein missglücktes Timing beim Ausflaren, eine verschätzte Höhe etc.
Der Colorado überrascht! Der Flügel bedarf keiner „Eingewöhnungszeit“, vielmehr entpuppt er sich bereits nach kurzer Zeit als echter Allrounder, ein Alleskönner. Er verfügt über eine hohe passive Sicherheit, lässt sich sehr einfach starten und punktet mit hoher Steigleistung. Vielleicht könnte für Kilometerhungrige der Topspeed um ein paar km/h höher liegen. Doch bei rund 60 km/h überzeugt der Colorado mit guter Gleitperformance und schont so das Aggregat auf langen Distanzen.
Intermediate-Piloten, aber auch ambitionierte XC-Cruiser, genauso freestyleaffine Spaßflieger etc. werden mit dem Colorado bestens bedient. Eine eierlegende Wollmilchsau? Durchaus ...
+ schönes, rundes Handling
+ agil und wendig
+ hohe Stabilität und gute Nickdämpfung
+ geringes Sinken im Schnellflug
+ startet einfach und zuverlässig
+ Feststelltrimmer mit praktischer Schlaufe
- ein etwas schwererer Tragegurt